
Finisterre
Verein Neue Musik Rümlingen (CH)
Das viertägige Musikfestival FINISTERRE begleitet im Sommer 2023 sein Publikum im Raum Locarno/Ascona im Tessin auf eine Pilgerreise durch Landschaften gescheiterter und gelungener Lebensentwürfe. Auf den Spuren der Wahrheitssucher*innen vergangener Zeiten bewegt sich das Publikum vom Monte Verità über den Lago Maggiore bis ins hintere Onsernone-Tal. Veranstaltet wird FINISTERRE durch das Festival für Neue Musik in Rümlingen mit der Associazione Olocene und dem Teatro del Tempo.
Die musikalische Reise beginnt auf dem Berg der Wahrheit: Lukas Bechthold widmet sich der Tanzschule von Laban, lässt vom keltischen Kultort Baladrum Papierstreifen als tanzende Schemen aufsteigen. Het Geluid sezieren den Walküre-Felsen und den Wagner-Geist, der noch heute über den Berg wabert, Manos Tsangaris widmet sich der Meditation und lauscht den Klängen der Kirchenglocken nach, die schon viel länger vom Fuß des Berges nach oben klingen. Gleich daneben wird der junge Komponist José del Avellanal Carreño, die Zisterne perkussiv bespielen lassen. Am darauffolgenden Tag übernimmt La Via Lattea das Publikum mit auf die Reise des Heiligen Brandan – auch er ein Sinnsuchender. Von der Kirche in Muralto mit Werken von Scelsi, Ligeti, Reich, Sciarrino und Lachenmann führt die Reise mit Beethovens irischen Liedern auf die Brissago-Inseln, wo neue Werke von Mario Pagliarani, Carola Bauckholt und Caspar Johannes Walter das irdische Paradies zu umreißen versuchen.
Am Tag darauf nehmen die Teilnehmer*innen die Via delle Vose ins Onsernone-Tal unter die Füße. Unterwegs treffen sie auf schräge Figuren von Trond Reinholdtsen, die als Widergänger bekannter Persönlichkeiten des Monte Verità erscheinen. In einer kleinen Kapelle flüstert Jürg Kienberger Ungeheuerliches zu, während die Tessiner Trickster-p die unsichtbaren Topografien des Weges akustisch wahrnehmbar machen. Verstreute Haltepunkte entlang des Weges laden ein zum Lauschen, Horchen und Beobachten. Ein kurzer Besuch bei echten Hippies aus dem Tal dient als Verschnaufpause, bevor es hinunter geht zur Brücke über den Isorno, wo die Amerikanerin Du Yun mit Drohnen und Bläserensemble das Rauschen des Flusses kompositorisch einbindet. Kurz darauf horcht Isabel Mundry einem musikhistorischen Weltereignis nach. Auf der Strecke Richtung Loco haben drei junge Komponist*innen – Tianyu Zou, Toh Yan Ee und Dana Boric – kleine perkussive Positionen eingerichtet, die den steilen Weg nach oben erleichtern. Dort verschwinden die Widergänger von Trond Reinholdtsen in seinem skandinavischen Musikuniversum. Kurze Filme zeigen ihr Aufgehen in dieser unendlichen Welt. Zum Abschluss öffnen Michel Godard und die Musica Cittadina von Locarno die Pforten der Kirche von Loco und laden zum Schlusskonzert, das all die Faktoten und Geister der Gegenwart und Vergangenheit nochmals musikalische wiederaufleben lässt. Den Abschluss des Gesamtfestivals erleben die Teilnehmer*innen bei den Bagni di Craveggia, einem alten Thermalbad am Ende des Tals auf italienischem Boden. Hier legen Trickster-p ein letztes Mal ihre Klangspur aus und der Drehleierspieler Matthias Loibner beschließt FINISTERRE mit einem Konzert in den verfallenen Gewölben des ehemaligen Kurhotels. FINISTERRE wird von der Ernst von Siemens Musikstiftung ermöglicht.
Weitere Informationen:
neue-musik-ruemlingen.ch
Termine
28. Juli – 1. August 2023
Monte Verità – Isole di Brissago – Valle Onsernone – Bagni di Craveggia, Tessin